Studentenleben und Armseligkeit sind zwei Wörter, die miteinander fest verbunden sind. Was kann man machen, wenn man Spaß haben will und gleichzeitig sich ein Leben über dem Existenzminimum erschaffen will?
Man besitzt einen außergewöhnlichen Suffgenuß, aber man will nicht auf das Risiko eingehen, Methanol zu schlürfen und deswegen blind zu werden?
Ron Cartavios “Tschata” ist die Antwort dafür.
Nach dem Ende meiner Schulzeit machte ich eine Ausbildung als Filmemacher. In der erste Woche merkte ich etwas besonders von meiner Klasse. Es gab zwei Arten von Filmstudenten: die christlichen rechtsorientierten, die gerade aus dem Kloster kamen und die linksliberalen, die immer dazu bereit waren, Molotow-Cocktails für die nächste Demo zu basteln. In dieser Zeit war ich ein meist schuldloser 19-jähriger Junge, der bereits eine einjährige Austauschschulerfahrung in Deutschland hinter sich hatte. Ich hatte damals keine Ahnung über meine eigene politische Richtung. Zwar lernte ich zwölf jahrelang in einer rechtsorientierten katholischen Schule für Männer, aber dahingegen war ich vor kurzem für ein langes Jahr in einer meist links liberalen Stadt wie Tübingen.
Bei der Ausbildung lernte ich zwei wichtigen Freunden kennen: Franko und Jan. Die waren, und noch sind, zwei komplett unterschiedliche Menschen. Gegensätze, wie Pepsi und Coca-Cola.
Jan war ein nicht-konfessioneller konservativer Christ, mit einer Begabung fürs Zeichnen und einer Vorliebe für Anime. In seiner Schulzeit verdiente er sein Taschengeld bei dem Verkauf von Hentaiwichsnheftln, die von ihm gezeichnet waren.
Franko war dahingegen ein unabhängiger Linksliberaler, der seine Einsamkeit vor allem in der Welt bevorzugte. Außerdem fühlte er sich von beide Geschlechten angezogen. Ihm gefielen Frauen oder Männer. Trotzdem fand er meistens widerlich das Verhalten der weiblichen Schwulen. Im Sex wollte er immer einen richtigen Mann, keinen Schwuchtel. Er war ein quasi homosexualitätsfeindlicher Bisexuell.
Sieben Blöcke vom Filminstitut entfernt, lag ein Park namens “Parque Castilla”, der oft für uns, die Studenten, als Suffort fungierte. Zwar patrouillierten die Bullen herum ab, aber man konnte sich früh abends unter der Schatten der Bäume verstecken und ruhig saufen.
Diese billige Flasche Rum ermöglichte uns die beste philosophischen Diskussionen über Film, Literatur und Politik; die ich jemals gehabt hatte.
Ich beschwerte mich bei Jan über die peruanische Doppelmoral. Er bevorzugte dahingegen eine christliche Gesellschaft und erzählte mir über seinen Alltag als Christ.
Franko wollte sich politisch einsetzen für die Legalisierung der Marihuana. Er nahm oft an Manifestationen gegen unsere von den scheiß neo-liberalen kontrollierte Regierung teil.
Ich wurde mehr oder weniger durch beide meiner besten Freunden beeinflusst und die “Tschata” war das Mittel dafür. Es verhalf mir lustigerweise zur politischer Wende meiner Ansichten.
Heutzutage vertrete ich Meinungen aus der zwei politischen Orientierungen. Ich bin ein Fan von marxistischem Philosoph Slavoj Zizek und gleichzeitig interessiere ich mich äußerst für die Lehre Jordan Petersons. Jonathan Haidts Ansichte und Recherchen über die moralischen Wurzeln der liberalen und konservativen trugen mir zu einem besseren Verständnis der Welt bei. Ich hätte mich für diese Gegensätze nicht interessiert, wenn ich keine Zeit mit meinen zwei bester Freunden verbracht hätte.
Zum Schluss wäre es ein bisschen albern mich bei dem Rum Hersteller “Cartavio” zu bedanken. Trotzdem im Sinne dieses Artikels:
Danke Ron Cartavio! Deine “Tschata” hat mein ideologisches Leben verändert!
Radwulf
12/04/2019
“chata” – peruanischer Synonym von dem Wort “klein”.